41. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft

Universität Bremen, 06. – 08. März 2019

Arbeitsgruppen

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AG 1: Kontraste und Oppositionen bei Genus und Geschlecht im Deutschen

Arbeitsgruppen-Koordination

Gabriele Diewald (Universität Hannover)
gabriele.diewald@germanistik.uni-hannover.de
Damaris Nübling (Universität Mainz)
nuebling@uni-mainz.de

Beschreibung:

Das Deutsche ist bekannt für seine komplexen Interdependenzen zwischen der grammatischen, z. T. flexionsmorphologisch repräsentierten Kategorie Genus und den semantischen Oppositionen in der Domäne "Geschlecht" bei Lebewesen. Diese Interdependenzen drücken sich sowohl im Basiswortschatz wie auch in hochproduktiven Wortbildungsprozessen aus.

Von grundsätzlicher Relevanz ist bei "Geschlecht" die linguistisch vernachlässigte Unterscheidung zwischen Sexus und (sozialem) Gender sowie die Frage nach deren Beziehung(en) zu den drei Genera (Nübling 2017). Hinzu kommen zahlreiche textlinguistische und pragmatische Forschungsfelder, bei denen sich in den letzten Jahren aufgrund gesellschaftlichen Wandels zahlreiche Normverschiebungen und Sprachwandelprozesse abzeichnen (z.B. bei der Movierung und ihrer Verwendung sowie beim "generischen Maskulinum", s. Doleschal 2002).

Das Zusammenwirken und die Bruchstellen sprachstruktureller, semantischer und pragmatischer Mechanismen im Bereich Genus-Sexus-Gender sind wenig erforscht (z.B. Oppositionen und Kontraste im Genussystem des Deutschen, in der Ableitungsmorphologie, bei Personenbezeichnungen und bei Personennamen, bei soziopragmatischen Funktionen von Genus) bzw. wurden in der germanistischen Linguistik bislang kaum rezipiert (so z.B. kognitionspsychologische Studien zum Einfluss des Sprachgebrauchs auf kognitive Stereotypien wie Genderrollen, s. Gygax u.a. 2008).

Literatur

Diewald, Gabriele/Steinhauer, Anja (2017): Richtig Gendern. Wie Sie angemessen und verständlich schreiben. Berlin: Dudenverlag.

Doleschal, Ursula (2002): Das generische Maskulinum im Deutschen. Ein historischer Spaziergang durch die deutsche Grammatikschreibung von der Renaissance bis zur Postmoderne. In: Linguistik online 11, 2 .

Gygax, Pascal/Gabriel, Ute/Sarrasin, Oriane/Oakhill, Jane/Garnham, Alan (2008). Generically intended, but specifically interpreted: When beauticians, musicians and mechanics are all men. In: Language and Cognitive Processes 23, 464-485.

Irmen, Lisa/Steiger, Vera (2005): Zur Geschichte des Generischen Maskulinums: Sprachwissenschaftliche, sprachphilosophische und psychologische Aspekte im historischen Diskurs. In: ZGL, 33, 212-235.

Kusterle, Karin (2011): Die Macht von Sprachformen. Der Zusammenhang von Sprache, Denken und Genderwahrnehmung. Frankfurt.

Nübling, Damaris (2017): Funktionen neutraler Genuszuweisung bei Personennamen und Personen-bezeichnungen im germanischen Vergleich. In: Helmbrecht, J./Nübling, D./Schlücker, B. (eds.): Namengrammatik. LB, Sonderheft 23. Hamburg, 173-211.

Nübling, Damaris/Hirschauer, Stefan (eds.) (2018): Namen und Geschlechter – Studien zum onymischen Un/doing Gender. Berlin/Boston.

Oelkers, Susanne (2003): Naming Gender. Empirische Untersuchungen zur phonologischen Struktur von Vornamen im Deutschen. Frankfurt.

Ott, Christine (2017): Sprachlich vermittelte Geschlechterkonzepte. Eine diskurslinguistische Untersuchung von Schulbüchern der Wilhelminischen Kaiserzeit bis zur Gegenwart. Berlin/Boston.